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Turnverein Weil 1884 e.V.

Rede des Vorsitzenden Ulrich Obrist anläßlich des Empfangs für Thilde Kaefer zu deren 90. Geburtstag

Liebe Thilde, liebe Gäste,

Es freut mich, daß zu unserem heutigen Anlass doch eine solch große Zahl von Gästen gekommen sind. Dies zeigt mir, wie sehr unsere Jubilarin noch immer im Verein aktuell geblieben ist, aber auch, daß für viele Damen unserer Frauenabteilung ein solcher Jubeltag gerne genutzt wird zum gemeinsamen Wiedersehen, bei einer Veranstaltung, die es im Turnverein so bisher noch nicht gegeben hat.

Liebe Thilde, Dir gelten heute die Glückwünsche - aber Du warst natürlich schon früher ein Aushängeschild für den Verein... Aushängeschild an einer Tür, an der in Deiner Zeit wohl 200 Frauen in den Verein hereingekommen sind und von denen viele, die meisten, geblieben sind. Und viele sind heute ja auch da. Heute, fünf Tage nach Deinem 90. bist Du es also wieder: das Aushängeschild. Denn welche 90-jährige könnte für das Turnen, den Turnverein, mehr Werbung machen als Du, Werbung einfach durch die Verfassung, mit der Du Dich in diesem Alter, in jedem Alter, präsentierst, präsentiert hast.

Aber gut aussehen, liebe Vereinsmitglieder, reicht ja definitiv nicht, um im Turnverein etwas zu bewirken. Und schon gar nicht im Turnverein Weil der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre. Wenn ich lese, dass Du 1953, als Du vierzig warst, im Jahre meiner Geburt, und am Anfang der Ära Joos damals als Nachfolger der Frau Paolini (die übrigens sich noch immer mit weit über 90 Jahren guter Gesundheit erfreut) das Frauenturnen übernommen hast, war Dein Konzept anders. Bis dahin war das Frauenturnen eine Art Abklatsch des Männerturnens, letztlich leistungsorientiert zum Geräteturnen, aber je länger desto mehr - erfolglos. Dieses neue Konzept war Turnen für jederfrau, auch was das Alter anbetraf. Es war der erste Versuch einer breitensportlichen Abteilung - bevor es den Begriff überhaupt gab.
Der Versuch ist gelungen: Die Abteilung hat nach meinen Untersuchungen heute etwa 200 Mitglieder, darunter mindestens 130 Ehrenmitglieder, über 100 wurden in meinen elf Amtsjahren ernannt.
Und die Abteilung ist stabil: Mit Hildegard Söllner hattest Du eine Nachfolgerin gefunden, die dieser Aufgabe mit grosser Konstanz nachgegangen ist und die in der Zwischenzeit - Hildegard hat es ja auch auf 13 Jahre Leitung gebracht - wiederum Nachfolgerinnen gefunden hat.
Dieser Versuch, der auch der Versuch des Vorstandes um Fritz Joos im Jahre 1953 war, ist fünfzig Jahre alt, auch das gilt es zu feiern. Und feiern wollen wir ein Frauenturnen, das mittlerweile seit 1922 unterwegs ist und inzwischen mit Annette Wegeler auch eine stellvertretende Vorsitzende im Vorstand besetzt.

31 Jahre Abteilungsleiterin Frauenturnen. Aber: Nur "Breitensport". Breitensport in einer Zeit, in der im Turnverein bei den Männern noch tolle Leistungen erzielt wurden. In unserer Chronik von 1984 steht nichts von der Personalentscheidung des Jahres 1953. Viel mehr von der Planung der Jahnhalle, die zwei Jahre später fertig wird.
1964 z.B.wird Gerd Zimmer, ein TV-Turner, Sportler des Jahres in Weil, - nichts findet man übers Frauenturnen, aber auf der Karteikarte ist vermerkt: Thilde wurde - nach nur 11 Jahren im Turnverein - zum Ehrenmitglied ernannt. Das ist schnell gegangen! Der Langzeit-Vorsitzende Fritz Joos hatte wohl doch eine Hand für jahrzehntelange Mitstreiter.
Gauturnfest 1972: Ehrennadel des BTB ! Fritz Joos wußte nach 19 Jahren, wen er zu pflegen hatte.
Und zu Deinem Abschluss in Weil zum 100-jährigen des Turnvereins: Die Goldene Ehrennadel vom Turnverein und den Ehrenbrief des BTB nach 6 Jahren Fachwartin für Seniorengymnastik beim MHTG. Und eine vakante Abteilungsleiterstelle in der Chronik. Sozusagen: die erste Erwähnung nach 31 Jahren.

So bist Du also ein Aushängeschild für das Frauenturnen, obwohl dessen Geschichte - vielleicht in der Chronik zum 125-jährigen - erst noch beschrieben werden muss. Deswegen ist das vielleicht heute mehr als eine Geburtstagsfeier. Und das Engagement von anderen wie Gertrud Frey, die Du ja dazumal zur Gründung des Hausfrauenturnens gedrängt hast, Hildegard Söllner usw., die Deine Arbeit fortgeführt haben, wollen wir ja ganz bewußt heute mit einschließen.

Das Frauenturnen der 50er, 60er und wohl noch siebziger Jahre war ja in vielen Fällen noch ein Stück "Emanzipation", weil es legitimiertes, abendliches Weggehen von Zuhause war, Emanzipation von Mann und Familie. Das ist anders geworden. Heute sind von fünf meiner Stellvertreter 3 Frauen, der Geschäftsführende Vorstand des TV Weil zählt sieben Frauen, 7 von 12. Das dürfte auch so ziemlich die tatsächliche Aufteilung bei der Gesamtmitgliedschaft widerspiegeln.
Insofern war das Jahr 1953 eine Zäsur, ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung des Verein, denn das, was bis dahin tragend war, das Geräteturnen, ist, was die Vereinsbindung angeht, definitv untergegangen. Tragend geworden ist der Sport, den man ein Leben lang treiben kann, das gilt nicht nur das Turnen im engeren Sinne.
Das Frauenturnen der Thilde Kaefer war also ein Aufbruch in eine Richtung, die die Weichensteller damals sicher so nicht wahrgenommen haben. Denn der Abschied vom "alten" Turnverein war ja für viele schmerzhaft und langwierig und ist vielleicht am besten in den diversen unfreiwilligen Abgängen unseres verdienten HP Lonhard an den Jahresfeiern der 70er Jahre vom Reck symbolisiert .

Liebe Thilde, heute musst Du für ganz viel herhalten, aber wie sollte das denn anders sein, wenn so eine grosse Gemeinde an einem Geburtstag versammelt ist. Ja, viele sind mit Dir älter geworden, die Abteilung ist eigentlich erwachsen geworden.
Ich bin gefragt worden: Wir werden doch im Schnitt immer älter, wie soll es weitergehen ?

Alle unsere Abteilungen altern, sind quasi Gruppen, die gemeinsam altern; früher war das anders: Aktive Abteilungen bestanden meist aus immer anderen Jungen, es blieben nur die Funktionäre. Die Haltung zum Sport hat sich geändert, ändert sich weiter, wird wohl immer gesundheitsbezogener auf der einen Seite, auf der anderen Seite wächst der Bedarf und der qualitative Anspruch an Aktivitäten, die über die eigentlichen Übungsstunden hinaus gehen. Dies wird immer dann spannend, wenn sich eine Abteilung wieder für andere öffnet.

Der Entschluß Deiner Nachfolgerin Annette Wegeler, als stellvertretende Vorsitzende den Wirtschaftsbetrieb zu übernehmen, ist ein Wagnis, mit der die ganze Frauenabteilung stärker ins Zentrum des Vereins rückt, dorthin, wo sie jetzt hingehört. Niemand sonst im Verein hatte als Abteilungsleiter eine Thilde Kaefer als Vorgängerin, niemand verfügt über eine derartige Hausmacht. Auch wenn die Lenze mehr geworden sind, die Gisela hält die Mannschaft ja fit. Dass man nicht jünger werde, höre ich heute von den gestressten 40-jährigen. Meistens geht es bei uns aber eher um guten Willen, Mitdenken und viel Kleinarbeit, nicht um Muskeln und Körperkraft, wenn man den Verein am Laufen halten will.

Der 90. Geburtstag der Thilde ist eben auch der fünfzigste Jahrestag Ihrer Amtsübernahme und insofern der Geburtstag der breitensportlichen Frauenabteilung. Deshalb feiern wir heute Dich, - und Deine Abteilung, Dein Werk im Turnverein Weil. Dass wir das nicht vergessen haben, das soll die erste Botschaft dieses Abends sein.

Ich danke Dir, dass Du es heute möglich gemacht hast, und ich danke der Frauenabteilung, die es realisiert hat, und jetzt möchte ich, dass aber wieder andere zu Wort kommen...