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Gesangverein Weil 1836 e.V. - Turnverein Weil 1884 e.V. - Stadtmusik Weil am Rhein e.V.

Laudatio zu Ehren der Familie Mayer anlässlich der Verleihung
des Guiseppe-Indri-Preises am 10. Januar 2009

von Oliver Simon, Schulleiter der Rheinschule, Weil am Rhein-Friedlingen

Liebe Familie Mayer,
sehr geehrte Damen und Herren,

als mich vor einigen Wochen Herr Obrist anfragte, wer aus Friedlingen für die diesjährige Verleihung des Guiseppe-Indri-Preises in Frage kommen könnte, schoss mir sogleich der Name Mayer durch den Kopf. Ich möchte mich bei den Vorständen der Vereine ausdrücklich bedanken, dass Ihnen dieser Vorschlag nachvollziehbar erschien.

Lassen Sie mich kurz vorausschicken, um was es hier geht: Es geht um eine Familie, für die es Normalität und Alltag ist, in einem Stadtviertel zu leben, den man aufgrund seiner Bevölkerungszusammensetzung als "sozialen Brennpunkt" bezeichnen kann.
Deshalb hat auch nicht "Herr" Mayer oder "Herr und Frau" Mayer diese Auszeichnung verdient, sondern die "Familie" Mayer. Ich kenne Sie und Ihre Kinder mittlerweile seit zehn Jahren und kann es nicht anders sagen, als dass Sie und Ihre Kinder Johannes, Raphael, Damaris und Joel stets eine Bereicherung für den Stadtteil Friedlingen und die Schulgemeinschaft an der Rheinschule sind und waren.

An der Rheinschule habe ich vor kurzem eine "Namensdurchsicht" gemacht. Demnach stammen über 70 Prozent der Kinder aus einem Migrationshintergrund. Es gibt Klassen in denen der Name "Mayer" exotisch klingt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Menschen sich integrieren wollen, sie nehmen die deutsche Staatsbürgerschaft an, suchen Arbeit, schicken ihre Kinder auf die Rheinschule und wollen, wie eigentlich alle Eltern auf der Welt, einfach nur das Beste für ihre Kinder. Vielen gelingt das ohne Probleme. Sie sind mittlerweile in zweiter oder dritter Generation in Deutschland und, wie ich beispielsweise von türkischen Freunden erfahren habe, werden in der Türkei als "Deutsche" erkannt.

Es gibt aber auch, und ausdrücklich nicht nur in Migrantenfamilien, benachteiligte Kinder, deren Eltern am Existenzminimum leben. Deren Eltern sich womöglich getrennt haben und deren alleinerziehende Mutter mehrere Jobs zu unmöglichen Arbeitszeiten annehmen muss. Diese Kinder brauchen unsere Hilfe.

Manche Kinder sind in vielen Bereichen ungefördert und leiden unter Bewegungsmangel. Der Fernseher und der Computer bestimmen den Nachmittag. Das mag klischeehaft klingen, aber es bedeutet letztendlich, dass
das Potential vieler Kinder brach liegt.

Natürlich bieten auch Friedlinger Vereine Möglichkeiten an, etwas zu unternehmen, sollte das Kind aber eine andere Sportart ausüben wollen ist der Weg "hinauf", nach Weil oder gar nach Lörrach für etliche Eltern eine unüberwindliche Hemmschwelle, sodass die Kinder eben in Friedlingen bleiben und sich nicht sportlich betätigen. Das gleiche ließe sich über die Musik sagen.

Und hier kommt jetzt die Familie Mayer ins Spiel:

Liebe Mayers, vielleicht war es Ihnen noch nicht klar, wie groß Ihr Beitrag dazu ist, Kindern und Jugendlichen auf Ihre unaufdringliche, aber stets präsente Art zu helfen, in dieser Gesellschaft Fuß zu fassen.
Lassen Sie mich ein wenig von Ihnen erzählen: Wie oft sehe ich Herrn Mayer, oder auch seine Schwägerin Frau Rhyner, mit dem Fahrrad bei Schulschluss vor der Rheinschule warten. Viele Kinder bleiben bei Ihnen stehen und freuen sich sichtlich, Sie zu sehen. Diese Kinder fragen Sie, ob und wann heute der Kids-Treff stattfindet, denn zuhause würde sie niemand rechtzeitig losschicken. Kids Treff bedeutet, dass jeder willkommen ist in Mayers kleinem Garten, wo ein Trampolin steht, wo man auch mal in den benachbarten Swimmingpool hüpfen darf. Kidstreff am Dienstag bedeutet auch, miteinander zu singen, Spiele zu machen, Geschichten zu lauschen und Freunde zu treffen. 30 bis 40 Kinder und im Sommer manchmal bis zu 60 Kinder bekommen Sie dabei unter einen Hut!

Auch im so genannten "Teenstreff" leiten Sie Kinder in der Pubertät dazu an, kreativ und vernünftig mit sich und den Freunden umzugehen aber auch einfach mal gemütlich miteinander Tischtennis oder Kicker zu spielen. Die passenden Räumlichkeiten haben Sie in unermüdlicher Eigenarbeit dazu eingerichtet.

Die Freitagsjungschar wiederum führt die Kinder in die Natur und ins Freie. Sie fahren mit den Kindern hinaus und lassen sie erleben, was es im eng bebauten Friedlingen nicht gibt: Wald, Wiesen und Platz zum Spielen.

Sie organisieren Freizeiten für Kinder und lassen sie dadurch Gemeinschaft und Abenteuer erleben. Gemeinsam aufstehen, kochen, laufen, am Lagerfeuer sitzen sind keine Selbstverständlichkeiten für Friedlinger Kinder. Dabei müssen sich die Kinder an Regeln halten und lernen mit anderen auszukommen. Das ist Basisarbeit "pur".

Ohne die tatkräftige Mithilfe von Frau Ryner, der Schwester von Frau Mayer, wäre vieles davon nicht möglich.


Lieber Herr Mayer, Sie waren bis im letzten Jahr, als Ihr jüngster Sohn Joel die Rheinschule verließ, über viele Jahre hinweg der Elternbeiratsvorsitzende der Rheinschule und auch in der Schulkonferenz vertreten. Sie haben zahllose Feiern und Feste mitorganisiert und waren für die Schulleitung stets ein ansprechbarer Partner in allen Situationen, die der Schulalltag mit sich bringt. Ganz besonders hervorheben möchte ich Ihre sachliche und immer auf Konsens bedachte Art, die ich kennen lernen durfte, wenn Sie als Vermittler bei Gesprächen dabei waren.
Trotzdem äußern Sie Ihre Meinung freundlich und direkt.
Dass dieses Ehrenamt auch Zeit in Anspruch nahm, war für Sie eine Selbstverständlichkeit. Den Gesamtelternbeirat der Stadt Weil am Rhein haben Sie in den letzten Jahren dann als konsequente Weiterführung des Amtes an der Rheinschule übernommen und sich auch für die Belange der Kinder an den weiterführenden Schulen eingesetzt.
In der Stadtteilrunde, in der sich in Friedlingen regelmäßig alle für soziale Belange tätigen Menschen treffen, sind Sie, man muss es mal sagen - als einer der letzten echten Friedlinger - selbstverständlich auch ein von allen geachtetes Mitglied.

Zu einem starken Mann gehört eine starke Frau. Liebe Frau Mayer: Vier eigene Kinder und stets drei bis vier Pflegekinder im Haus bedeuten für manch andere Menschen den Ausbruch des Chaos. Nicht so bei Mayers. Sie haben Ihren Haushalt und die Kinder im Griff. Organisatorisch hätten Sie sicher manchem Manager noch etwas voraus.
Pflegekinder, die Ihnen anvertraut werden, haben das Glück in einer heilen Familie neuen Halt zu finden. Ich habe erlebt, wie sich schwache Schüler mit der Option Erziehungshilfeschule zu Kindern gewandelt haben, die regelmäßig ihre Hausaufgaben machen, pünktlich zu Schule kommen und durch den geregelten Tagesablauf bei Mayers wieder ins Lot gebracht wurden. Ihre eigenen Kinder sind wunderbar geraten, tragen Ihre Arbeit mit und stehen dahinter, was ihre Eltern machen. Das ist nicht selbstverständlich.

Alle sind vorbildliche Schüler und vor allem: tolle Musiker. Als Joel beim letzten Schulfest vor 250 Kindern selbst komponierte Stücke mit der Geige vortrug, war das einer der "magischen" Momente meines Schulleiterlebens.
Sie sind als Familie ein starkes Team und haben deshalb als Team diesen Preis verdient.

Ich wünsche Ihnen, liebe Familie Mayer und Frau Ryner auch in Zukunft die notwendige Kraft weiterhin für die bedürftigen Kinder und Jugendlichen in Friedlingen da zu sein.
Sie sind das authentische Beispiel dafür, dass in Friedlingen vieles möglich ist, man muss es nur tun.

Ich bitte Sie nun zur Entgegennahme des Preises auf die Bühne.
Der Preis wird überreicht von der Tochter von Guiseppe Indri,
Frau Anita Indri-Werner.
Die Familie Indri hat wiederum die sichtbare Ausstattung des Preises übernommen.
Ich lese Ihnen nun die Urkunde vor: